Das
„Paradies” im Kunstbunker Tumulka:
In München strebt das „Paradies” in die Höhe.
Im Hochbunker „Tumulka” am Prinzregentenplatz brandet
der Verkehr um das Gebäude, der isolierte Raum ist nicht unter
der Erde, sondern steht wie ein Monolith mitten im alltäglichen
Geschehen. Umgeben ist er von anderen kulturellen Orten des Schauens
(Stuck-Villa, verschiedene Galerien, Prinzregententheater), ist im
Gegensatz zu diesen aber vollständig nach außen abgeschottet,
projiziert die Stille der Tiefe nach oben.
Der
Bunker wurde 1942 als Schutzraum für die angegliederte, vornehme
Wohnanlage gebaut. Dieser ist er im äußeren Baukörper
angepasst. Auf den ersten Blick fügt er sich nahtlos in die Häuserflucht
an der Prinzregentenstraße ein. Erst auf den zweiten Blick fällt
er in seiner Abgesetztheit und vollständige Geschlossenheit auf.
Er besetzt genau die Straßenecke Prinzregenten-/Tellstraße
und ist auf annähernd quadratischem Grundriss ohne Berührung
zu den übrigen Gebäuden wie ein Turm nach oben gezogen.
Im Inneren verliert sich der vornehme Charakter schon an der Luftschutztür,
innen herrscht die eisige Stille eines Kühlschranks. Die Räume
und das Treppenhaus sind einfach sachlich, weiß, neutral bis
auf die zweckdienlichen Einbauten Rohre, Belüftungsschächte,Toiletten.
Diese weiße Sachlichkeit war seiner Umwidmung zum Ausstellungsraum
nützlich. Doch die weiße Zelle ist hermetisch geschlossen,
kein Laut stört die Konzentration des Betrachters. Er ist vollständig
abgeschottet von seinem Alltag. Die geradezu klaustrophobisch Stille
kann ihm zum Problem oder zum Nutzen werden, je nachdem ob er die
Situation als bedrohliche Isolation oder wünschenswerte Konzentration
versteht.
Die
Kunstwerke sind ihm dabei ein Leitfaden, ein immer wieder neues, andersartiges
Angebot sich einzulassen, seine Gedanken schweifen zu lassen, sich
seiner Situation bewusst zu werden. Die Künstler sind ihm da
einen Schritt voraus. Sie haben sich bereits zu dem Paradiesthema
an diesem speziellen Ort Gedanken gemacht und diese in unterschiedlichesten
Formen und Materialien zum Ausdruck gebracht. Die Auseinandersetzung
mit dem jeweiligen hier und jetzt kann wie in den politisch orientierten
Arbeiten eng an der Realität geführt sein, oder eher auf
der Suche nach den ursprünglichen humanistischen, religiösen
und symbolischen Bedeutungen sein.
Sieht
der Bunker im ersten Moment aus wie ein Turm, wird der Besucher schnell
enttäuscht. Ist er nämlich die sechs Stockwerke nach oben
gestiegen, kann er nicht nach außen auf eine Plattform treten
und die Übersicht genießen, sondern ist in einer Sackgasse
gefangen. Nur in Gedanken kann er diese verlassen, die Reise ins Paradies
kann beginnen.
Cornelia
Oßwald-Hoffmann
> Ansichten des Kunstbunkers Tumulka
> Künstler
München,
April 2003 / © Annegret Bleisteiner, Dr. Cornelia Osswald-Hoffmann,
Heidrun Waadt
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